Magdeburg/Halle/Stendal. „Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz und das Bundes-Kinder-und-Jugend-Stärkungsgesetz stecken das Feld neu ab: Erstens: Keine Entscheidung mehr zu Lasten der jungen Generation. Und zweitens: keine Entscheidung mehr ohne die junge Generation“, erklären die Kinder- und Jugendbeauftragten der Städte Magdeburg, Halle (Saale) und Stendal gemeinsam mit dem Kinder- und Jugendbeauftragten des Landes. Sie erkennen eine konkrete staatspolitische Verpflichtung für Politik und Verwaltung auf allen Ebenen, für alle gesellschaftlichen Bereiche und nicht zuletzt auch für die Sozialpartner in der Wirtschaft, nicht über die Köpfe von jungen Menschen hinweg zu entscheiden.
Die Beauftragten Katrin Thäger (Magdeburg), Janine Kaminski (Stendal), Mirko Petrick (Halle(Saale)) und Holger Paech (Land) haben sich im Vorfeld des Internationalen Kindertages zu Projekten und gemeinsamen Arbeitsschritten abgestimmt. Ein Schwerpunkt war die Corona-Situation. Die Beauftragten erklären: „Wir haben große Hochachtung vor der Leistung der jungen Menschen. Die Grundrechte von Kindern und Jugendlichen sind seit mehr als 14 Monaten und bis zum heutigen Tag massiv eingeschränkt. Sie tragen diese Last mit größter Vernunft, viel Verständnis und nicht zuletzt auch mit Rücksicht – etwa auf die älteren Menschen. Dieses Agieren verdient unseren Respekt und größte Dankbarkeit.“ Weiter heißt es: „Dass wir in Deutschland wieder in Richtung Normalität steuern, ist nicht zuletzt auch ein Verdienst der Solidarität der jungen Menschen. Umso mehr erwarten wir konkrete Schritte, dass wieder mehr Sport und Fitness für junge Menschen, mehr Jugendbegegnungen und im Sommer Ferienfreizeiten stattfinden können.“
Die Beauftragten formulierten erstmals in Richtung neuer Landtag und neue Landesregierung Wünsche: „Die nächsten fünf Jahre sollten den Kindern und der Jugend gehören. Nicht allein wegen Corona, aber nach Corona umso mehr muss gelten: Wir brauchen eine profilierte Kinder- und Jugendpolitik, die mehr ist als ambitionierte Fachpolitik in einem Ressort.“ Vielmehr sollten sich alle Ministerien und alle Parteien im Landtag auf den Weg machen und ihre Vorhaben in einem offenen und fairen Dialog mit jungen Menschen entwickeln.
Der Landesbeauftragte Paech sagt: „Das Prinzip muss lauten: Kein Gesetz und keine Grundsatzentscheidung ohne die Sicht der Jugend.“ Die Installation eines Jugendparlamentes auf Landesebene beurteilt er in diesem Zusammenhang skeptisch. „Die Gefahr ist greifbar, dass eine Parallelwelt entsteht. Dieses Jugendparlament tagt vielleicht ein- oder zweimal im Jahr mit großem Brimborium, die Erwachsenen halten Sonntagsreden, alle klatschen und hinterher geht es doch weiter wie immer.“ Vielmehr sollte der mit dem Jugendpolitischen Programm eingeschlagene Weg konsequent fortgesetzt werden, themenbezogen mit Jugendlichen in den konkreten Diskurs zu treten. Für das hinter diesem Prinzip stehende Projekt „Jugend macht Zukunft“ beim Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt empfiehlt Paech eine Verstetigung der Landesförderung in einer Höhe, die lebendige Jugendbeteiligung möglich macht.
Auch in Richtung der Kommunen ermutigten die Beauftragten die Verantwortlichen, Kinder und Jugendliche noch stärker in ihre Planungen einzubeziehen: „Mit Paragraph 80 der Kommunalverfassung sehen wir den Auftrag definiert. Und doch gibt es in der Umsetzung noch mächtig Luft nach oben.“ Die Beauftragten aus Magdeburg, Halle und Stendal hoben in diesem Zusammenhang die Arbeit des Landeszentrums „Jugend + Kommune“ hervor, das vom Land finanziert wird und Kommunalverantwortliche in punkto Jugendbeteiligung berät und unterstützt: „Das Landeszentrum hat schon manch dickes Brett gebohrt. Alle vom Zentrum betreuten Kommunen waren letztlich aber dankbar, neue Wege ausprobiert zu haben“ Auch für die Finanzierung des Landeszentrums, welches vom Verein „KinderStärken“ in Stendal getragen wird, wünschen sich die Beauftragten eine Verstetigung im Landesetat. Die Beauftragten schätzen ein: „Egal ob Schulstandorte, ÖPNV mit Bus und Bahn, Radwegenetz, neue Wohngebiete oder Wirtschaftsansiedlungen – der Blickwinkel von Kindern und Jugendlichen ist in jedem Fall Gold wert für eine in die Zukunft gerichtete Kommunalpolitik. Kinder und Jugendliche von heute, die in ihrem Dorf, in ihrer Stadt erleben, dass ihre Stimme ernst genommen wird, und sie etwas bewegen können, identifizieren sich mit ihrer Heimat. Sehr gut möglich, dass sie auch morgen als Fachkraft in ihrer Heimat leben, eine Familie aufbauen und Verantwortung übernehmen.“