Das internationale Jugend-Bildungszentrum in der Böckelmannschen Villa im Südwesten der Landeshauptstadt ist damit nach dem Wannseeforum in Berlin die zweite Einrichtung in Deutschland, die dieses Qualitätssiegel erhalten hat. Es wird seit 2008 vergeben. Europaweit gibt es 15 entsprechend zertifizierte Jugendbildungsstätten.
Sachsen-Anhalts Kinder- und Jugendbeauftragter Holger Paech sagte am Freitag, 11. April, auf dem Festakt in Magdeburg: „Die Begegnung, das Kennenlernen und der Austausch von Jugendlichen aus Europa und der Welt ist gerade heute wichtiger denn je. Das Miteinander ist der Schlüssel für eine Atmosphäre der Toleranz und des gegenseitigen Respekts unterschiedlicher Lebenswelten. Das macht Europa stark - auch gegenüber nationalen Egoismen und Ungerechtigkeiten, gegenüber Manipulation, Hetze und Ausgrenzung. Internationaler Jugendaustausch ist ein aktiver Beitrag zur Kräftigung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit.“
Um das europäische Qualitätssiegel zu erhalten, musste die Jugendbildungsstätte zahlreiche Kriterien erfüllen. Neben den internationalen Begegnungs- und Bildungsangeboten, den Standards für die Beherbergung, die lokale und regionale Verankerung sowie der Qualität und Vielfalt des Speisenangebotes spielte auch eine entscheidende Rolle, ob und in welcher Größenordnung junge Menschen in die Arbeit der Bildungsstätte eingebunden werden. Hier konnte Magdeburg insbesondere punkten.
Der Beauftragte sagte: „Die aktive Beteiligung junger Menschen gehört zur DNA der Europäischen Jugendbildungsstätte in Magdeburg. Kinder und Jugendliche haben nicht nur die Möglichkeit, sondern sind ausdrücklich eingeladen, ihre Ideen, Wünsche und Anregungen bereits bei der Konzipierung von Angeboten einzubringen. Das ist gut so. Junge Menschen wissen selbst am besten, was ihnen guttut und was sie auch für Andere erreichen wollen. Beteiligung ist ein wichtiges Signal an junge Menschen. Sie erfahren, dass ihre Meinung etwas zählt und von Erwachsenen ernst genommen wird. Wer frühzeitig in der Mitte der Gesellschaft aktiv eingebunden wird, läuft weniger Gefahr, sich ausgeschlossen zu fühlen und an den politischen Rand gedrückt zu werden.“
Seit vielen Jahren gibt es an der Europäischen Jugendbildungsstätte einen lebendigen Jugendbeirat, der das Angebot und die Arbeit der Einrichtung aktiv mitgestaltet. Das Gremium trifft sich einmal pro Monat. Auch ein Kinderbeirat hat sich gebildet. Sein inhaltlicher Schwerpunkt liegt bei der Gestaltung der Europäischen Kinderstadt „OTTOPIA“. Das Projekt findet aller zwei Jahre für zwei Wochen in den Sommerferien auf dem Freigelände der Bildungsstätte statt. Jugendliche nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Polen und Frankreich, betreuen das Demokratie-Mitmach-Projekt. Auch geht die Jugendbildungsstätte an Schulen, um in Projekttagen die europäische Idee für Jungen und Mädchen erlebbar zu machen.
Der Europarat mit Sitz im französischen Straßburg ist mit dem „Vertrag von London“ am 5. Mai 1949 gegründet worden. Zunächst gehörten zehn Länder zum Staatenforum, welches sich der Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit verschrieben hatte. Unterdessen sind es 46 Nationen. Deutschland wurde 1950 zunächst als assoziiertes und 1951 als ordentliches Mitglied aufgenommen.
Die Magdeburger Jugendbildungsstätte begrüßt laut eigenen Angaben jedes Jahr knapp 650 Jugendliche aus fast allen europäischen Ländern. Hauptpartnerländer sind Frankreich und Polen. Auch Jugendliche aus der Ukraine werden gezielt angesprochen. Pro Jahr gibt es etwa 25 mehrtägige Jugendaustausch-Angebote. Zudem berät die Bildungsstätte in Sachsen-Anhalt Schulen und Berufsschulen zu europäischen Jugendaustauschmöglichkeiten und schiebt somit pro Jahre Projekte für etwa 1,5 Millionen Euro an.